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Archivierung von Geschäftsunterlagen - der Markt entwickelt sich

Verfasser: Rechtsanwalt Stefan Hinrichs, Insolvenzverwalter, Oldenburg

I. Entwicklung der letzten Jahre

In den letzen Jahren hat das Outsourcing von Archivdienstleistungen eine zunehmende Bedeutung für die praxisbezogene Insolvenzabwicklung gewonnen. Maßgeblich dazu beigetragen hat u.a. die durch den Gesetzgeber mit dem Steueränderungsgesetz v19.12.1998 verfügte Verlängerung der Aufbewahrungsfristen nahezu durchgehend auf 10 Jahre.

Gerade Insolvenzen größerer Betriebe führen deshalb regelmäßig zu einer regelrechten Flut von aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen. Die logistische Beherrschung und archivarische Bewertung sowie die Aufbewahrung insbesondere aber die sach- und fachgerechte Archivierung und Verwaltung solcher Aktenberge überschreiten die Möglichkeiten selbst von Berufsinsolvenzverwaltern.

Vor diesem Hintergrund hat sich in den vergangenen Jahren ein expansiver Markt für Archivdienstleistungsunternehmen entwickelt. Entsprechend breit gefächert ist heute die Leistungspalette, mit der die verschiedensten Archivdienstleistungsunternehmen für sich werben. Diese reicht von der Web-Archivierung oder der Digitalisierung von Dokumenten und deren Bereitstellung auf CD-ROM über die physische Archivierung der Originaldokumente und deren EDV-gestützter Verwaltung mittels Barcodesystemen bis hin zur weitgehend unsortierten, stapelweisen Containerlagerung.

II. Höhere Anforderungen an die Archivierung

Der neue Typus von Archivdienstleistern hat nichts mehr mit der Haldenvorhaltung aulbewahrungspflichtiger Geschäftsunterlagen in ungesicherten Kellerräumen oder durchgeregneten Scheunen gemein. Dennoch ist eine eingehende differenzierte Betrachtung der Angebote von Archivdienstkleistern im Detail durch den Insolvenzverwalter vorzunehmen, da es in diesem jungen Markt noch keine Usancen, Standards und vergleichbare Abrechnungssysteme gibt, zumal die Beauftragung eines Archivdienstleisters den Auftraggeber nicht von seinen Haftungsrisiken entbindet. Vielmehr hat der Auftraggeber als Datenherrscher gem. § 11BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) den Archivdienstleister in der Ausübung seiner Tätigkeit zu überwachen und zu kontrollieren.

Nimmt der Datenherrscher diese Verpflichtung nicht hinreichend war, kann er für Verfehlungen des Archivdienstkleisters ebenso haftbar gemacht werden, als wenn er diese selber begangen hätte. Der Insolvenzverwalter muss also im Zuge der Auswahl eines Archivdienstkleisters ein Interesse daran habe, neben der fachlichen Eignung insbesondere auf Seriosität und Bonität abzustellen. Die fachliche Eignung kann vorausgesetzt werden, wenn das Archivdienstleistungsunternehmen eine entsprechende Eignungsprüfung seitens der zuständigen Aufsichtsbehörde für den Bundesdatenschutz nachweisen kann. Diese mündet in einen Prüfbericht nach § 38 Abs. 2 BDSG. Dem Prüfbericht vorzuschalten ist eine Aufnahme in das amtliche Register der zuständigen Aufsichtsbehörde für den Datenschutz nach § 32 BDSG. Beides sollte der Archivdienstleistungsbetrieb dem Auftraggeber vorweisen können, ebenso wie den Nachweis der Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten nach § 36 BDSG und der Mitarbeiterverpflichtung gem. § 5 BDSG auf das Datengeheimnis.

Mit der Novellierung des BDSG zum 23.5.2001 ist die registerlichte Meldepflicht für "nichtöffentliche Stellen der geschäftsmäßigen Datenverarbeitung" - worunter Archivdienstleister fallen - weitgehend aufgehoben worden. Damit wird z.B. Lageristen, Spediteuren, Aktenvernichtern und Entsorgungsunternehmen oder gar dem einfachen Scheunenbesitzer der Marktzugang ohne behördliche Auflagen und Kontrolle ermöglicht. Gerade deshalb ist eine genaue Überprüfung des Archivdienstleisters und seiner Eignung durch den Auftraggeber geboten. Es sollte daher die freiwillige Selbstverpflichtung des Archivdienstleisters zur registerlichen Meldung und Prüfung durch den Auftraggeber abgefordert werden, um die fachliche Eignung und Seriosität einschätzen zu können. Diese kann als gegeben angenommen werden, wenn ein zertifizierter Prüfbericht, der nicht älter als 2 Jahre ist, vorgelegt werden kann. In diesem Falle kann u.U. auf eine ISO Zertifizierung verzichtet werden, da die Prüfung nach BDSG die zu treffenden notwendigen Sicherheitsstandards und organisatorischen Maßnahmen weiträumiger abdeckt als eine ISO Zertifizierung. Gleichermaßen kann die Seriosität auch über umfangreiche Referenzliste gleichgelagerter Aufträge hinsichtlich Größenordnung, Schwierigkeitsgrad und Problemstellung eingeschätzt werden. Dabei hat das Archivunternehmen alle handeis- und steuerrechtlichen Standards zu wahren, die der Gesetzgeber für die Archivierung vorsieht.

III. Technische und organisatorische Voraussetzungen

Als Mindestanforderungen muss der Archivdienstleister folgende technische und organisatorische Voraussetzungen nach § 9 Satz l BDSG erfüllen:

  • Datenträgerkontrolle - Eingabekontrolle
  • Speicherkontrolle - Auftragskontrolle
  • Benutzerkontrolle - Transportkontrolle
  • Zugriffskontrolle - Organisationskontrolle

Letztlich zeigt sich jedoch die fachliche Eignung in den zusätzlich getroffenen Organisations- und Sicherheitsmaßnahmen des Archivdienstleisters. So sollten nachstehende Kriterien bei der Auswahl eines Archivdienstleistungsunternehmens hinreichend überprüft werden:

1. Sicherheitskonzept

  • Einbruch- und Diebstahlschutz.: Die Anlage sollte in ständiger Verbindung mit der Alarmzentrale eines Wachdienstes stehen. Eine VdS-Zertifizierung ist seitens des Archivdienstleisters nachzuweisen (Versicherungsschutz !)
  • BrandschutzStandleitung zur Sicherheitszentrale der örtlichen Feuerwehr
  • Wasserschutz/Temperatur/Luftfeuchtigkeit
  • Notmaßnahmen: Im Falle einer Störung sollte auf einen oder mehrere nationalen Standorte zurückgegriffen werden können. Dazu sind die Datenbestände extern zur Sicherheitsverwahrung zu geben.
  • DV-Schutz.

2. Akten- und Datensicherungsmaßnahmen

  • Eigenes Personal: Die Übernahme das Packen und Entladen erfolgt durch eigene, auf den Datenschutz verpflichtete Mitarbeiter des Archivdienstleisters.
  • Transportsicherheit/Erfassung: Transporte werden ausschließlich mit abgeschlossenen Sicherheitsfahrzeugen des Archivdienstleisters durchgeführt. Den mitgeführten Aktenbeständen liegt ein detailliertes Übergabeprotokoll anbei.
  • Zugangsberechtigung: Akteneinsicht darf Dritten nur mit vorliegender schriftlicher Legitimationserklärung seitens des Auftraggebers gewährt werden.
  • Videoüberwachung: Der Datensicherheitsbereich ist durch Video zu überwachen.

IV. Dauerhafte Leistungsfähigkeit des Archivdienstleisters

Ebenso wie die fachliche Eignung und Seriosität, sollte die Bonität des Archivdienstleisters überprüft werden. Dies gilt um so mehr vor dem Hintergrund erster Insolvenzen in diesem jungen Marktsegment. Anders als allgemein üblich, sind die Archivlagergebühren für Geschäftsunterlagen insolventer Unternehmen im Voraus über die vereinbarte Einlagerungsfrist zu entrichten. Die Bonitätprüfung sollte daher die geschäftsmäßig zu bildende Rücklagen und Rückstellungen des Archivdienstleisters mit berücksichtigen.

Als Faustregel sollte gelten, dass die liquide vorgehaltenen Rückstellungen und Rücklagen des Archivdienstleisters mindestens 30 % eines Jahresumsatzes betragen. Desweiteren sind die vereinnahmten Entgelte für Aktenvernichtungs- und Entsorgungsaufwendungen nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen durch den Archivdienstleister auf einem Treuhandkonto zu hinterlegen und nachzuweisen. Für sensible Akten- und Datenbestände kann darüber hinaus im Verhandlungswege zwischen dem Archivdienstleister und dem Auftraggeber eine Insolvenzausfallversicherung abgeschlossen werden, die revolvierend gestaltet, dem Auftraggeber im Falle der Insolvenz das Risiko der Umlagerungs- und Restlagerkosten absichert. Nachgewiesen werden sollten folgende Versicherungen:

  • Transportversicherung;
  • Betriebsunterbrechungsversicherung;
  • Betriebshaftpflicht für Personen- und Sachschäden jeweils mindestens mit einer Deckung von 1 Mio. €;
  • Datenschutz- und Vermögensschadenshaftpflicht sowie
  • die klassischen Versicherungen Feuer, Einbruch, Wasser, Sturm, wobei hier auf die Versicherungsposition "Wiederherstellungskosten von Akten" ein besonderer Augenmerk zu legen ist.

Weitere Prüfungsmöglichkeiten der Seriosität und Bonität eines Archivunternehmens lassen sich aus der Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen seitens des FA und der Sozialversicherungsträger sowie einem Gewerbezentralregisterauszug oder auch über von Auskunfteien gespeicherten Informationen beziehen.

V. Anforderungsprofil im Bereich der Insolvenzverfahren

Selbst wenn die vorstehend genannten Anforderungen insgesamt erfüllt sind, ist noch nicht gewährleistet, dass das Dienstleistungsprofil des Archivunternehmens für die spezifischen Anforderungen der Archivierung von Geschäftsunterlagen im Insolvenzverfahren ausgelegt ist. Nur wenige Archivdienstleister haben sich explizit den Anforderungen der Archivierung von Geschäftsunterlagen im Insolvenzverfahren gestellt und sind auch in der Lage diese professionell zu erfüllen. So sollte das Leistungsprofil eines auf die Übernahme von Geschäftsunterlagen im Insolvenzverfahren spezialisierten Archivdienstleisters folgende Kategorien beinhalten:

1. Aktensicherung und Zentralisierung

  • Sicherstellung der Akten- und Datenbestände im insolventen Unternehmen;
  • Ggf. Erstellung von Backup's/Datensicherung der Rechner und Server; Sicherung von Datenbändern und Festplatten; etwaige Sicherstellung von Servern und PC's nebst Software und Erschließung der Datenbestände insbesondere der FIBU Daten für den Verwalter;
  • Zentralisierung der Akten- und Datenbestände aus den einzelnen Betriebsteilen;
  • Archivarische Bewertung des Archivgutes unter den Bedingungen der Archivierungswürdigkeit und der Archivierungspflichtigkeit;
  • Ausgliederung nicht archivierungswürdiger und/oder archivierungspflichtiger Unterlagen/Daten in Datensicherheitsbehältern zur direkten Akten-/Datenvernichtung;
  • Abgliederung von direkt insolvenzbearbeitungsrelevanten Unterlagen an den Insolvenzverwalter;
  • Etwaige Abstimmung mit involvierten Behören/Körperschaften (FA, Staatsanwaltschaft, Sozialversicherungsträger, Gerichtsvollzieher, ggf. staatlichen oder sonstigen Archiven, etc);
  • Katalogisierung der Archivgutbestände;
  • Erstellung eines Übergabeprotokolls.

2. Datenlogistik

  • Beräumung, Verpackung, Verladung der Akten- und Datenbestände (vorteilhaft kann sich selbstverständlich auswirken, wenn das Archivdienstleistungsunternehmen fachlich und kapazitär ebenfalls in der Lage ist, Komplettberäumungen der Schuldnerimmobilien einschließlich etwaiger Verwertungs- und Entsorgungsleistungen durchzuführen);
  • Übernahme und Transport in eigenen Sicherheitsfahrzeugen mit entsprechendem Versicherungsschutz;
  • Entladen der Aktenbestände im Datensicherheitsbereich des Zentralarchivs;
  • Aufbereiten und Einstellen der Akten- und Datenbestände zur zugriffssicheren und zugriffsgenauen "open file" Archivierung in Archivregalsystemen;
  • Fachgerechte Vernichtung von nicht aufbewahrungspflichtigem und oder archivierungswürdigem Archivgut.

3. Indexierung

  • Katalogisierung und EDV-technische Verschlagwortung der Archivgutbestände in einer SQL Datenbank (kompatibles Standardformat Microsoft);
  • Generierung eines Barcodes für jedes Archivmedium zur eindeutigen, einmaligen Identifizierung.

4. Aktenverwaltung

a) Grundvoraussetzungen

  • Bearbeitung eingehender Anfragen auf das Archivgut nach vorheriger Legitimationskontrolle auf schriftliche Weisung des Auftraggebers durch entsprechend qualifiziertes Personal wie Archivare, Steuerfachgehilfen, Kauflaute, ReNo-Gehilfen, Lohn- und Personalbuchhalter/Sachbearbeiter;
  • Nachweis des jeweiligen Aktenstatus über die Führung von Bewegungsprotokollen (Präsent, Ausleihe, Bereitstellung zur Einsicht im Archiv, Aktenvernichtung, Auslagerung, Umlagerung, etc.);
  • Automatisierte Fristenkontrolle bei Ausleihen und Kassationsfristen;
  • Physische Konsistenzüberwachung.

Weitere wünschenswerte Voraussetzungen sind:

b) Internetdatenbankabfrage

  • Bereitstellung der erfassten und verschlagworteten Akten in einem Datenbanksystem mit Online-Zugriffsmöglichkeit für durch den Auftraggeber legitimierte Personen zur Recherche und Ausleihzwecke;
  • Alternativ: Bereitstellung der Erfassungsdaten via CD-ROM
  • Rückführung physisch benötigter Akten/Daten binnen max. 24 Std. an den Auftraggeber
  • Informationsübernittlung aus Archivdokumentrecherchen via Datenfernübertragung bzw. Email binnen max. 2 Std.

c) Backupservice (EDV-Datei und Datensicherung)

  • Erschließung von Datenbeständen für die Auftragsabwicklung. (Im Zweifel ist dazu die notwendige Hard- und Software durch den Archivdienstleister mit zu übernehmen und vorzuhalten);
  • EDV-gestützte Archivierung und Lagerung von EDV-Datenträgem in brandsicheren, elektro-magnetisch geschützten Hochsicherheitspan zerschränken;
  • Verwaltung und Pflege der Datenbestände;
  • Digitale Langzeitarchivierung mittels bedarfsweiser Konvertierung der Datenbestände über sog. "HSM Systeme" (Hiracical Storage Management Systems);
  • Bedarfsweise online Bereitstellung der Daten.

d) Lohn- und Personalanfragenbearbeitung

  • Erstellung von Lohnverdienstbescheinigungen i.S.d. RÜG und AAÜG;
  • Ermittlung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von FZR-Beiträgen und für ehemalige Arbeitnehmer der sog. "Technischen Intelligenz";
  • Arbeitsbescheinigungen;
  • Kontenklärung mit den SV-Trägern;
  • Berufsgenossenschaftsanfragen.

e) Insolvenzgeldberechnung

f) Differenzlohnberechnung

Einen besonderen Aufgabenschwerpunkt im Bereich der Archivdienstleistungen bildet die Erstellung von Lohnverdienstbescheinigungen bedingt durch das RÜG (Rentenüberleitungsgesetz), wonach den ehemaligen Beschäftigten der Beschäftigtenjahrgänge vor 1991 die für die Rentenberechnung maßgeblichen, vereinnahmten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelte zu bescheinigen sind. Da diese Auskunftspflicht nach § 98 SGB X den Arbeitgeber bzw. im Insolvenzfall dessen Rechtsnachfolger betrifft, obliegt dem Verwalter die Notwendigkeit, den Auskunftsersuchen der Sozialversicherungsträger als auch der Betroffenen selbst nachzukommen. Diese Tätigkeit übersteigt regelmäßig die Möglichkeiten eines Verwalterbüros, so dass diese professionellen Archivdienstleistern mit übertragen wird.

5. Aktenvernichtung

  • Überwachung der Kassationsfristen;
  • Erstellung einer Vorschlagsliste zur Akten/Datenvernichtung zur Vernichtungsfreigabe durch den Auftraggeber;
  • Durchführung der Aktenvernichtung nach Ablauf der vereinbarten Einlagerungsfrist gem. DIN 32757 mindestens in der Sicherheitsstufe S3;
  • Erstellung eines Datenvernichtungszertifikates gem. BDSG für den Auftraggeber;
  • Löschung der Daten aus der Archivdatenbank l Jahr nach Durchführung der Aktenvernichtung.

VI. Wichtig: schneller und genauer Zugriff

Neben der Datensicherheit ist die Zugriffsgenauigkeit und die Zugriffsgeschwindigkeit auf die archivierten Akten und Datenbestände wichtigstes Indiz der Archivierungsqualität. I.d.R. wird es im Zuge der Insolvenzabwicklung ausreichen, wenn bei Bedarf die extern archivierten Originaldokumente binnen max. 24 Std. wieder dem Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellt werden können. Für Notfälle erscheint es ausreichend, wenn der Archivdienstleister in der Lage ist, binnen 1-2 Std. bestimmte Informationen oder Dokumente via Datenfernübertragung dem Verwalter wieder zur Verfügung zu stellen. Wünschenswert ist hierfür auch ein Bereitschaftsdienst, der an Wochenenden, nach Feierabend und an Feiertagen den jederzeitigen legitimierten Zugriff gewährleistet. Der Standort der Einlagerung ist nicht entscheidend, da moderne Informationstechnologien bei professionellen Anbietern vorausgesetzt werden dürfen. Für den Fall, dass neben den Originaldokumenten auch EDV-Datenträger, Hard- und/oder Software zur Archivierung aufgegeben werden, sollte der Insolvenzverwalter sich vergewissern, dass der Archivdienstleister mit eigenem Personal und Sicherheitsfahrzeugen Sonderkurierfahrten übernimmt, damit sichergestellt ist, dass z.B. bei einem Datenverlust oder Serverfehler, in kürzester Zeit auf die Backup's und Ausweichhard- und Software zurückgegriffen werden kann.

VII. Digitalisierung oder physische Archivierung?

1. Digitalisierung ist nicht immer geeignet

Während einige Insolvenzverwalter das Thema Archivierung bis heute sehr "stiefmütterlich" oder gar nicht berücksichtigen, schießen andere vielleicht schon etwas über das Ziel hinaus, indem sie die kompletten Aktenbestände eines Unternehmens digitalisieren lassen und dann die Dokumente über CD-ROM recherchieren. Keines beider Extreme führt zu einer angemessenen wirtschaftlichen und gleichzeitig bedarfsorientierten Lösung. Die Digitalisierung von Aktenbeständen lässt sich z.B. für den Bereich von Extern anfrageintensiven Lohn- und Personalunterlagen rechtfertigen. Dies gilt gleichwohl nicht für die große Masse des Gesamtaktenbestandes eines insolventen Unternehmens, auf welchen regelmäßig im Zuge der Abwicklung nur noch partiell zuzugreifen ist. Auch ist die Digitalisierung nur so gut, wie die Indexierung/Verschlagwortung der einzelnen Dokumente vorgenommen wird. Anderenfalls birgt die Digitalisierung keine Vorteile bei der Zugriffsgeschwindigkeit. Eine komplette OCR Erfassung wäre aufgrund der immer noch notwendigen manuellen und damit extrem personalintensiven Nachbereitung nicht zu rechtfertigen. Ebenso macht eine rein graphische Scannung der Originaldokumente keinen Sinn, da zielgerichtete Recherchen so nicht möglich sind. Fällt man also eine Entscheidung für die Durchführung der Digitalisierung, muss indexiert werden. Gerade aber die Indexierung und die Vorbereitung des Schriftgutes stellen die kostenintensiven Elemente der Digitalisierung dar. So ist heute und wohl auch über die nächsten Jahre noch regelmäßig die physische Archivierung von Geschäftsunterlagen auf Grund des Kosten-Nutzenverhältnisses der Digitalisierung von Geschäftsunterlagen aus Insolvenzverfahren vorzuziehen. Für "lebende" Unternehmen, die stetig noch mit Altakten arbeiten bzw. in diesen recherchieren müssen, kann dagegen die Digitalisierung die wirtschaftlich günstigere Form der Archivierung darstellen. Die personalintensiven Recherchezeiten fallen hier mehr ins Gewicht als bei insolventen Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb eingestellt wurde. In die Wirtschaftlichkeitsrechnung einzubeziehen ist schließlich der Raumbedarf bei physischer Archivierung.

2. Physische Archivierung

Aber auch bei der physischen Archivierung von Originaldokumenten gibt es eine Reihe von qualitativen Unterschieden der Archivierung. Grundvoraussetzung für einen schnellen und zielsicheren Zugriff auf die Originaldokumente ist eine hinreichende Archivierungstiefe, sprich Indexierung und Verschlagwortung der einzelnen Archivmedien. Daneben spielt die Form des Archivlagersystems eine entscheidende Rolle bei der Zugriffsgeschwindigkeit. Gewerbsmäßige Lageristen bieten z.B. die Aktenlagerung in Seecontainern an, welche teilweise 4-5 Stück hoch gestapelt auf oft unbewachten Freiflächen stehen. Meist sind dazu noch die Akten nur spärlich indexiert und verschlagwortet, so dass ein Zugriff oftmals mit enormen Schwierigkeiten verbunden ist.

a) "Store Lagerung"

Viele neu in den Markt gekommene Umzugsspediteure bieten die sog. "Store Lagerung" an. Danach werden die Akten in Kartons verpackt, auf eine Palette gestapelt und in Hochregalanlagen zwischen Umzugsgut, Decken, Dünger und sonstigem Lagergut verstaut. Die Indexierung erfolgt i.d.R. für die jeweilige Palette oder Gitterbox, während die einzelnen Akten nicht verschlagwortet werden. Bestenfalls geht die Indexierung bis auf den Karton der jeweiligen Palette. Der Zugriff ist dennoch verhältnismäßig aufwendig, da zunächst die betreffende Palette zu ermitteln ist, dann mittels Gabelstapler aus dem Hochregal zu holen, um dann abgepackt zu werden. Erst dann kann in den jeweiligen Kartons recherchiert werden. Diese Form der Archivierung bietet sich, wenn überhaupt, nur für Akten abgeschlossener Insolvenzverfahren an, in denen voraussichtlich bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist nur sehr selten noch einmal recherchiert werden muss.

b) "Open file" Archivierung

Die wohl effektivste Form der Archivierung von Geschäftsunterlagen insolventer Unternehmen ist die sog. "open file" Archivierung. Bei der open file Archivierung werden die einzelnen Akten- und Datenträgermedien offen in ein entsprechendes Archivregalsystem eingestellt. Jede Akte steht mit dem Rücken nach außen und ist somit für visuelle Recherchevorgänge gut einsehbar. Die open file Archivierung ist grds. EDV gestützt vorzunehmen. Je Insolvenzverfahren und Auftraggeber werden die wesentlichen Stammdaten (Auftraggeber, Verfahrensname, Insolvenzgericht, Mandantennummer, Debitorennummer, Aktenzeichen des Gerichtes und des Auftraggebers, Einlagerungsfristen, Kassationsdatum etc.) in einer SQL Datenbank erfasst. Bzgl. der Archivierungstiefe wird bei der open file Archivierung in 3 Qualitätsstandards unterschieden. Bei der Archiv-Lagerung werden nur wenige Hauptinhalte der meist in loser Form oder Bündel in Archivschachteln zusammengefassten Dokumente je Aktenmeter EDV gestützt erfasst, wobei ein Aktenmeter dem Volumen von 12 Aktenordner Leitz 80 mm entspricht. Bei der Archiv-Verwahrung wird mindestens ein Inhalt aus jedem auf einem Aktenmeter eingelagerten Archivmedium EDV gestützt erfasst. Die EDV-technische Archivierung zielt hingegen darauf ab, jedes einzelne Archivmedium je Aktenmeter zu Indexieren und darüber hinaus bis zu 999 Inhalte je Archivmedium zu verschlagworten. Auf Grund der zu erwartenden Anfrageneingänge sollten deshalb Personalunterlagen stets der EDV-technischen Archivierung zugeführt werden, da ansonsten die Recherchezeiten und damit die Anfragegebühren den Erfassungsmehraufwand schnell überkompensieren könnten. Auch üblich ist eine Abrechnung auf Grundlage der erfassten Items bzw. Datensätzen oder der Archivmedien je Insolvenzverfahren.

Jeder Insolvenzverwalter sieht sich einer Vielzahl von Angeboten von mehr oder weniger professionellen Archivdienstleistern ausgesetzt. In den letzten Jahren hat sich der Markt erweitert, und junge Unternehmen bieten zunehmend ihre Leistungen an. Allerdings sind auch hier vereinzelt bereits Insolvenzen zu verzeichnen.

Standards haben sich noch nicht durchgesetzt besonders im Hinblick auf das in den letzten Jahren stetig gewachsene Anforderungsprofil in der Archivierung von aufbewarungspflichtigen Unterlagen, die damit verbundenen Kosten und letztlich die Haftung des Insolvenzverwalters erfordern es, sich eingehend mit diesen Angeboten auseinander zu setzen. Dabei sollte Sicherheit die oberste Maxime sein. Aber nur einige wenige Archivdienstleister genügen dem aufgezeigten Leistungsprofil eines Sicherheitsarchivs und bieten damit die erforderliche Sicherheit in der Abwicklung von Insolvenzverfahren an.

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